Erfolgreiche Interessensvertretung bei TTIP und TiSA: Bildungssektor wird ausgeklammert
Die EU-Länder können durch TTIP und TiSA nicht gezwungen werden, ihre Dienste im Bildungssektor zu privatisieren. Es steht ihnen frei, die Erbringung öffentlicher Dienste auch weiterhin der öffentlichen Hand zu überlassen – auch wenn sie andere Dienstleistungsbereiche für ausländische Mitbewerber öffnen. Darauf konnte das Europabüro für katholische Jugendarbeit und Erwachsenenbildung (von afj, BDKJ, AKSB, KEB und FEECA) in den vergangenen Monaten erfolgreich hinwirken.
Nach dem die Forderungen der fünf Träger des Europabüros Ende im vergangenen Jahr bereits erfolgreich in die Verhandlungen zu TTIP eingeflossen sind, hat das Europäische Parlament in der nun auch über eine Entschließung zu TiSA an die Europäische Kommission abgestimmt, in der der Bereich Bildung ausnahmslos geschützt wird. Die Entschließung wurde mit 532 Stimmen bei 131 Gegenstimmen und 36 Enthaltungen angenommen.
Wortlaut der Entschließung des Parlaments im Rahmen des Marktzugangs
„In Übereinstimmung mit den Artikeln 14 und 106 AEUV und dem Protokoll 26 die derzeitigen und die künftigen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (unter anderem Wasserversorgung, Gesundheits- und Sozialdienste, Sozialversicherungssysteme und Bildung, Abfallbewirtschaftung und öffentlicher Verkehr) vom Geltungsbereich des Abkommens auszunehmen; sicherzustellen, dass die europäischen, nationalen und kommunalen Behörden auch weiterhin über das uneingeschränkte Recht verfügen, Maßnahmen im Zusammenhang mit der Inauftraggabe, Organisation, Finanzierung und Erbringung öffentlicher Dienstleistungen einzuführen, zu erlassen, beizubehalten oder aufzuheben; diese Ausschlussbestimmung unabhängig davon anzuwenden, wie die öffentlichen Dienstleistungen erbracht und finanziert werden; sicherzustellen, dass die Sozialversicherungssysteme vom Geltungsbereich des Abkommens ausgeschlossen sind.“
Hintergrundinformationen
TTIP: Die EU-Kommission verhandelt derzeit über ein Handels- und Investitionsabkommen mit den Vereinigten Staaten – die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft, kurz TTIP. Bei den Verhandlungen geht es darum, Zölle und andere Handelsbarrieren im transatlantischen Handel zwischen der Europäischen Union (EU) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) abzubauen. Ziel ist eine stärkere Öffnung der Märkte auf beiden Seiten des Atlantiks. Zudem sollen mit TTIP Einschränkungen für kommerzielle Dienstleistungen verringert, Investitionssicherheit und Wettbewerbsgleichheit verbessert und der Zugang zu öffentlichen Aufträgen auf allen staatlichen Ebenen vereinfacht werden.
TiSA: Das Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen TiSA ist ein Handelsabkommen, das derzeit von 23 Mitgliedern der Welthandelsorganisation (WTO), darunter auch die EU, seit April 2013 verhandelt wird. Es hat das Ziel, globale Mindestanforderungen einzuführen für den Handel in Bereichen wie digitale, Finanz- oder Verkehrsdienstleistungen.
Kritik: Die Träger des Europabüros für katholische Jugendarbeit und Erwachsenenbildung hatten sich im vergangenen Jahr mit einer Stellungnahme kritisch zur geplanten Einbeziehung von privater Jugend- und Erwachsenenbildung in das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) sowie das Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (TiSA) geäußert.
Aus Sicht der Träger hätten sich dadurch schwerwiegende Risiken für die Bildungspolitik, für Schulen, Lehrer und Studenten sowie für Bildungseinrichtungen in der non-formalen Bildung ergeben. "Falls private Bildung oder eine Form von gemischt-finanzierter Bildungsdienstleistungen in den Verhandlungen nicht ausdrücklich ausgeschlossen werden, befürchten wir, dass die Handelsregeln den Spielraum öffentlicher Dienstleistungen einschränken und die Kommerzialisierung sowie Privatisierung vorantreiben werden," betonen die Träger in dem Positionspapier zu TTIP sowie TiSA und deren Folgen für die Bildungspolitik. Die Träger lehnen zudem die Regelungen zum Investitionsschutz und die Sperrklausel ("ratchet clause") ab. Sie fordern den Positivlistenansatz und eine transparente Verhandlungsführung.
Das Europabüro konnte erreichen, dass Helga Trüpel, grüne Abgeordnete und Berichterstatterin des Bildungs- und Kulturausschusses (CULT) für die Stellungnahme zu TTIP im CULT-Ausschuss, die Forderungen konkret in das Gesetzgebungsverfahren, sprich in die Stellungnahme aufgenommen hat.
Links
Positionspapier der Träger des Europabüros zu TTIP und TiSA
Entschließungstext des Europäischen Parlaments zu TiSA
Weitere Informationen zu TTIP
Europabüro für katholische Jugendarbeit und Erwachsenenbildung